Über Battambang zurück in Richtung Paradies

Pläne sind doch am schönsten, wenn sie hin und wieder geändert werden. Daher haben wir beschlossen, nicht direkt in Richtung Laos weiter zu fahren, sondern ein paar Hundert Kilometer zurück in Richtung Süden, um Weihnachten an den paradiesischen Stränden von Koh Rong zu verbringen. Wenn wir schon keinen Glühwein und keine  Plätzchen bekommen, müssen ja wenigstens Palmen sein. Den Preis, den wir dafür zu zahlen hatten, waren viele Stunden in einem fahrenden Disco-Kühlschrank. Mit dem Ziel im Hinterkopf, den Augen auf der Landschaft und dem passenden Audiobuch in den Ohren ließ sich dies jedoch gut verschmerzen. Ich hoffe nur, dass die Überdosis an tragischen Liedeslied-Videos, in denen Menschen auf unterschiedlichste Art und Weise ums Leben kommen und betrauert werden, keine langfristigen psychischen Störungen bei uns hervorrufen 😉

Einen kleinen Zwischenstopp legten wir für zwei Nächte in Battambang ein, wo sich die einmalige Chance ergab, bei einem kambodschanischen Tuk Tuk Fahrer und seiner Familie zu couchsurfen. Die Familie lebt direkt neben einem recht luxuriösen Hotel, in dem unser Gastgeber zunächst als Tuk Tuk Fahrer arbeitete und zurzeit eine Ausbildung zum Managementassistenten macht. Daher arbeitete er leider die ganze Nacht und zurzeit 16 (!) Stunden pro Tag. Glücklicherweise konnten wir immer im Hotel vorbei schauen, um ein kleines Pläuschchen zu halten.

Wir konnten in seinem Haus kostenlos wohnen, bezahlten aber einen kleinen Beitrag für Frühstück und Abendessen, das von seiner Frau zubereitet wurde. Besonders das Abendessen mit der Familie war großartig. Neben leckerem Essen konnten wir viel über das Leben in Kambodscha erfahren und bekamen vom 11jährigen Sohn sogar einige mimikstarke Gesangseinlagen dargeboten. Seine kleine Schwester übersetzte für uns die Texte und natürlich, welch eine Überraschung, handelte es sich um Liebeslieder 😉 Danach durften wir noch die Alben mit den Hochzeitsfotos der Eltern anschauen und stellten mit Erstaunen fest, dass die Braut auf den Fotos insgesamt 13 (!) unterschiedliche Hochzeitskleider trug, dabei mindestens genauso oft die Frisur wechselte und so weiß geschminkt war, dass sie auch als Nordeuropäerin durchgegangen wäre.

Die Kinder der Familie besuchen die Schule des Phare Ponleu Selpak (PPS) Projekts. Die Grundlage für dieses Projekt entstand in den 80er Jahren in einem Flüchtlingslager in Thailand, wo Kunstunterricht für Kinder und Jugendliche gegeben wurde, um die Trauma des Krieges zu überwinden. Als die Flüchtlinge in den 90er Jahren nach Kambodscha zurückkehrten, gründeten zwei der ehemaligen Schüler aus dem Flüchtlingslager eine Nichtregierungsorganisation, um Zirkus und Kunstunterricht in Battambang mit ähnlicher Zielsetzung anzubieten. Es werden kostenloser Theater-, Kunst-, Musik- und Zirkusunterricht angeboten, Zirkusaufführungen in Battambang und Tourneen nach Europa organisiert, um die Kinder von der Straße zu holen und ihnen kreative Ausdrucksmöglichkeiten zu geben. Seit mehreren Jahren gibt es auch ein eigenes kleines Animationsstudio, in welchem Zeichentrickfilme produziert werden. Alle Angebote werden von fest angestellten Lehrern gegeben, die oft ehemalige Schüler sind und für kambodschanische Verhältnisse gut bezahlt werden. Das Angebot richtet sich dabei an alle Kinder in Battambang und zusätzlich leben einige Dutzend Kinder in einem Zufluchtscenter, die Opfer von Gewalt oder Menschenhandel wurden. Auf dem Gelände des Projekts ist mittlerweile auch eine öffentliche Schule angesiedelt. Das niedrige Gehalt der staatlich bezahlten Lehrer, 60 bis 80 Dollar im Monat, wird dabei durch PPS um 20 Dollar aufgestockt, um zu verhindern, dass die Lehrer Prüfungsgebühren (=Schmiergeld) von den Schülern fordern. Für eine kleine Spende von 5 Dollar pro Person konnten wir PPS besuchen und waren von der positiven und kreativen Atmosphäre sehr begeistert. Leider waren wir nur nicht lange genug in der Stadt, um eine der wöchentlichen Zirkusvorstellungen zu besuchen.

In Kambodscha ist gerade Hochzeitssaison und daher kann man die eine oder andere Feier bestaunen. Man achte auf die überdimensionierten Lautsprecher und die beiden unterschiedlichen Hochzeitsfotos 😉

Phnom Sampeau nahe Battambang

Die Arbeitsteilung wurde bereits von den Buddhisten erfunden 😉

Oh, war doch keine Abkürzung.

Phnom Banan

Family dinner

 

 

 

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