Eine etwas längere Geschichte von noch viel mehr

Vorwort

Wie wahrscheinlich schon aufgefallen ist, hat unser Veröffentlichungsrhythmus in Laos doch stark nachgelassen. Das könnte man zum einen dem gemütlichen Lebensstil in Laos und den vielleicht etwas zu regelmäßig genossenen Beerlao zuschreiben, die das Schreiben am Abend doch etwas erschweren. Zu unserer Verteidigung müssen wir allerdings vorbringen, dass dieser Artikel trotz widrigster Umstände veröffentlicht wurde (dazu aber erst beim nächsten Mal mehr) und die Wlan Verbindungen in Laos einfach mies sind. Unsere Hoffnung lag immer auf einer besseren Verbindung in der nächsten Stadt. Aber wie man dies vom Hoffen auf besseres Wetter kennt, wird es ja meist zunächst schlechter, bevor es dann allmählich besser wird 😉 Daher hier als Entschädigung/ Bestrafung ein etwas längerer Artikel.

Vientiane – Laotische Saunen und frittierte Heuschrecken

Vientiane, die dörflichste, aber daher wohl auch gemütlichste Hauptstadt Asiens. Keine hässlichen Vorstädte, Autofahrer, die trotz ihrer riesigen Pickups und Jeeps auf Fußgänger und Radfahrer Rücksicht nehmen, eine große Anzahl leckerer Restaurants, recht wenig Touristen, dafür aber viele „Biergärten“ und Eckkneipen. Zugegeben, es gibt keine Sehenswürdigkeiten von Weltrang, auch wenn die Laoten ihr Nationalheiligtum, den That Luang, gerne auf Collagen mit dem Eiffelturm und den Pyramiden zusammenbringen. Einfach eine perfekte Stadt, in der man es auch länger aushalten könnte. Lediglich die „Neugestaltung”, sprich die Befestigung  oder „Vergewaltigung“ des Mekongufers, fällt unter die Rubrik städtebaulicher Verbrechen. Die gemütlichen Essensstände und Bars am Ufer mussten einer eingezäunten, hässlichen Straße mit Leitplanken weichen, auf der zwar keine Autos fahren, was die Sache aber auch nicht rettet. Daneben sticht vor allem eine weitere erschreckende Neuerung ins Auge. Die Liberalisierung des Biermarktes. Neben Beerlao kann jetzt auch jedes andere Bier in Laos ge- und verkauft werden. Da schien der perfekte Bierkommunismus, günstiges, für jeden zugängliches Bier, hergestellt aus auserwählten Zutaten, aufgebaut und dann so etwas. Als Widerstand gegen diesen Trend lässt sich eigentlich nur die alte vietnamesische T-Shirt Weisheit zitieren: „Think global, drink local”. Selten fand sich so viel Weisheit auf einem T-Shirt.

Neben Bier ist Laos natürlich auch unter Kennern für seine Vielzahl frittierter Krabbeltierchen bekannt. Nachdem wir in Kambodscha bereits an so vielen gerösteten Spinnen, Heuschrecken und Käfern vorbeigelaufen sind, ohne uns zu überwinden, selbige zu probieren, sollte sich dies in Laos ändern. Wie sollte man schließlich besser ein paar knackig frittierte Heuschrecken probieren, als zu einem eisgekühlten Beerlao in einer etwas schäbigen Eckkneipe? Für 2 Dollar bestellten wir also eine große Portion Knabberspaß, dessen Geschmack im Reiseführer als Mischung zwischen Nachos und Nüssen angekündigt wurde. Ganz so lecker war es dann allerdings doch nicht. Mit ausreichend Chilisoße waren aber zumindest die kleinen Heuschrecken recht lecker. Die größeren waren auch ganz  gut, allerdings blieben die Beine und Fühler immer zwischen den Zähnen hängen. Könnte bei einer Krise auf den weltweiten Popkornmärkten durchaus als Ersatz herhalten. Die großen, an einen Kartoffelkäfer erinnernden Tierchen waren allerdings nicht so leicht runter zu bekommen und lösten doch einen gewissen Würgereiz aus, der sich nur mit einem großen Schluck Beerlao unterdrücken ließ.

Da der Januar mit Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad und geringer Luftfeuchtigkeit der kälteste Monat des Jahres ist, lag es nahe, den ortsansässigen Saunen einen Besuch abzustatten. Zunächst ging es in eine Kräuter-Dampf-Sauna, die von einigen Nonnen auf dem Grundstück eines Klosters gegründet wurde. Man stelle sich christliche Nonnen vor, die solch einen Ort des körperlichen Vergnügens betreiben 🙂 Aber buddhistische Mönche in Laos nehmen es mit den Vorschriften nicht allzu streng, und so ertappten wir auf der Suche nach der Sauna einen Mönch beim Rauchen. Und das, obwohl ein großes Schild am Eingang verkündete, dass es sich um ein rauchfreies Kloster handele. Bin mir aber auch ohne das Schild relativ sicher, dass Buddha in seinen 227 Regeln für Mönche bestimmt auch das Rauchen erwähnt hatte, oder?
Nach der Sauna sollte es dann noch eine Massage sein. Zur Auswahl stand eine traditionell laotische Massage oder eine Ölmassage. Die Tatsache, dass die laotische Massage eigentlich für die Bedürfnisse überarbeiteter Reisbauern entwickelt wurde, schreckte uns doch etwas ab, und so entschieden wir uns für die etwas teurere, aber sanftere Ölmassage, die trotzdem noch brutal genug war. Um die durch diese Massage verursachten Muskelschmerzen zu bekämpfen, ging es am nächsten Tag dann in ein wesentlich moderneres und schickeres Spa, wo wir eine echte finnische Holzsauna zunächst ganz für uns alleine hatten. Als eine weitere Kundin kam, stellte sich allerdings heraus, dass ich in der Frauensauna saß und musste dann in die Männersauna umziehen. Die Jungs dort guckten etwas komisch, da ich, offensichtlich in der Frauensauna eingekleidet mit einem pinken Sarong, einem laotischen Wickelrock, herumlief. Aber zumindest konnte ich mit meinen fünf Worten laotisch beeindrucken, was fünf Worte mehr waren, als die  chinesischen Geschäftsleute beherrschten, die bereits seit drei Monaten in Laos lebten, was diese von ihrem laotischen Kollegen auch gleich vorgehalten bekamen.

Bei einer unserer Radtouren durch Vientiane kamen wir auch am Gebäude von World Vision vorbei, einem christlichen Hilfsverein, der Patenkinder vermittelt. Wer allerdings in Erwägung zieht, bei World Vision eine Patenschaft abzuschließen, sollte im Hinterkopf behalten, welch einen Palast samt Wachmann er für World Vision Laos finanziert.

Patuxai. Der Arc de Triomphe Vientianes

Buddhas im Vat Sisaket

That Luang. Das von nahem wenig beeindruckende (pssst) Nationalheiligtum der Laoten aus einemvorteilhaften Blickwinkel aufgenommen 😉

 

Insektenteller nach Art des Hauses

mhhh

 

Buddha Park

Die Betreiberin des Restaurants im Buddha Park hat sich wohl durch die verrückten Skulpturen zu einem eigenen Werk inspirieren lassen.


Vang Vieng – Drogen, Friends und Family Guy

Nach vier Nächten in Vientiane ging es dann weiter in Richtung Vang Vieng. Da der „VIP” Bus, welcher über Annehmlichkeiten wie eine Klimaanlage verfügte, genauso viel kostete wie ein öffentlicher Bus, entschieden wir uns leider für diese Option. Leider, da wir uns inmitten einer Horde frisch importierter halbnackter Partytouristen aus Thailand wiederfanden. Jetzt habe ich ja nicht grundsätzlich was gegen Partys oder Bikinis, ganz im Gegenteil 😉 Aber es zeugt schon von extremer kultureller Ignoranz, so in Laos herumzulaufen. Das Ganze setzt sich dann in Vang Vieng fort, wenn Nachmittags halbnackte, am ganzen Körper mit Obszönitäten beschmierte Touristen, die gerade vom Tubing zurückgekommen sind, grölend durch die Straßen ziehen. Tubing nennt sich der ja eigentlich ganz lustige „Trink”sport, bei dem man im Schlauch eines LKW Reifens den Fluss entlang treibt und sich an den verschiedensten Uferbars mit Alkohol, auch in Eimergröße, versorgen kann. In  Vang Vieng scheint das Ganze allerdings etwas aus dem Ruder zu laufen, und so finden sich hier nicht nur die besoffensten Touristen, sondern auch dadurch bedingt die unfreundlichsten Laoten. Wer mehr als nur Alkohol möchte, bekommt in Restaurants auch spezielle Happy Karten, auf denen zwischen Gras-, Opium- und Pils-Happy gewählt werden kann.
Der Kern des vor nicht allzu langer Zeit wohl beschaulichen Dorfes ist mit Restaurants übersät, wobei das Bemerkenswerte nicht die gesonderten Speisekarten mit gewissen Happy-Angeboten sind, sondern die in nahezu allen Restaurants laufende Dauerschleife der amerikanischen Serien Friends und Family Guy. Beides gute Serien, aber diese in einer Dauerschleife in fast allen Restaurants einer Stadt anzutreffen, ist fast schon etwas verstörend, vor allem, da bereits ein zwei Jahre alter Reiseführer über dieses Phänomen schreibt.. Vielleicht haben diese beide Serien aber auch irgendeine medizinische Wirkung, die einen Kater oder einen Horror-Trip abschwächt. Wie auf den beigefügten Fotos aber unschwer zu erkennen ist, hat Vang Vieng auch sonst Einiges zu bieten, wenn man sich mit dem Faktum abfindet, dass einem unfreundliche Laoten begegnen, was im restlichen Laos eher selten geschieht.

das war dann doch etwas eng

Blick auf Vang Vieng

wieder mal ein Sonnenuntergang

Luang Prabang – Eine enttäuschte Liebe

Über zweite Besuche an Orten, die man als etwas ganz Besonderes in Erinnerung hat, sprachen wir bereits im Artikel über Koh Rong. Einen ähnlich gelagerten Fall stellt Luang Prabang dar. Wohl keine andere Stadt habe ich in meinen Erinnerungen so verherrlicht wie Luang Prabang. Der beste Kaffee Lao in Laos, das freundlichste Hostel, die freundlichsten Menschen und so weiter und so weiter. Und was findet sich vor Ort? Aufdringliche Tuk Tuk Fahrer, die wohl in den letzten Jahren einen Crash Kurs bei ihren zweirädrigen Brüdern in Vietnam belegten; Hostelangestellte, die einem so dreist und offensichtlich absolut überteuerte Tickets verkaufen möchten, dass man sich fast schon schämt, für so blöd gehalten zu werden; Essensverkäufer, die ganz dreist den vierfachen Preis verlangen, den ein Laote gerade zuvor bezahlte; und Instant (!?) Kaffee. Dazu wurde das einzige Hostel, an das ich mich noch namentlich von der letzten Laos Reise erinnern konnte, gerade um einen Neubau im einst so gemütlichen Hof erweitert, was jeglichen Charme zerstörte und uns ein anderes Hostel wählen ließ.
So schlimm, wie es hier dargestellt wird, ist Luang Prabang wahrscheinlich auch nicht, und ich muss zugeben, dass wir auch noch einen guten Kaffee fanden, aber schlimm genug. 😉
Die einzig positive Neuerung ist wohl der Verlag Big Brother Maus, der Kinder- und Jugendbücher meist zweisprachig in englisch/laotisch herausgibt und vertreibt, mit dem Ziel, die Zugänglichkeit von Büchern in Laos zu erhöhen. Falls jemand etwas spenden möchte, besteht die Möglichkeit, eine Buchparty in einem Dorf zu veranstalten. Dabei bekommt jedes Kind ein eigenes Buch geschenkt, und die Schule erhält einen großen Karton mit Tauschbüchern für die Schüler. Und wer etwas mehr investieren möchte, kann auch die Herausgabe eines neuen Buches finanzieren, wofür es dann auch eine persönliche Widmung gibt. Ein ziemlich klasse Konzept. Mehr Infos gibt´s auf der Internetseite: bigbrothermouse.com

Auf dem Weg nach Luang Prabang

Eines von vielen luxuriösen Hotels mit passender Fahrzeugdeko

Tempel oder Garage?

Die königlichen Zapfsäulen auf dem Gelände des ehemaligen Palastes.

Mit dem Boot auf dem Nam Ou in Richtung Norden

Dass man mit der Ankunft in Laos in einem der ärmsten Länder Asiens angekommen ist, stellt man spätestens nach Nutzung der Straßen fest. Vor allem im nördlich von Vientiane beginnenden Bergland wachsen die Entfernungen. Gemessen allerdings nicht in Kilometern, sondern in durchgerüttelten Stunden zur Überwindung der Distanzen. Nach der Fahrt von Vientiane über Vang Vieng nach Luang Prabang stand uns der Sinn nicht mehr wirklich nach Fahren. Daher entschieden wir uns für den zwar wiederum in Stunden gemessen längeren, aber dafür wesentlich gemütlicheren Wasserweg. Nach einigen Kilometern auf dem Mekong ging es dann auf dem Nam Ou stromaufwärts. Auf schmalen langen Booten, auf denen nur zwei Personen nebeneinander Platz finden, ging es nach Norden, wobei sich die recht gut motorisierten Boote gegen die eine oder andere recht spannende Stromschnelle stromaufwärts kämpfen mussten. Trotz der Länge des Bootes manövrierte der Kapitän recht geschickt durch die Hindernisse. Lediglich einmal schliffen wir geräuschvoll über eine Untiefe, was der Schiffsschraube nicht allzu gut bekam. Im nächsten Augenblick stand der Kapitän allerdings schon in Unterhose vor uns und sprang mit einem Hammer bewaffnet ins Wasser, um das Problem in wenigen Minuten zu beheben. Vielleicht sollten einige italienische Reeder darüber nachdenken, einige laotische Kapitäne anzuheuern, die zwar über Bord springen, aber auch wieder zurück kommen.

Obwohl wir durch schöne Kaarstlandschaften fuhren, war die Bilderausbeute nicht so berauschend, da der Winter zum ersten Mal seit vielen Monaten beweist, dass er zurzeit über andere Teile der Welt herrscht und seine Fingerspitzen auch bis nach Laos reichen. Die Landschaft wurde dadurch in ein Licht getaucht, bei dem wohl nur dem menschlichen Auge gestattet ist, die Schönheit der Landschaft zu erfassen. Vielleicht liegt es aber auch einfach an unserem fehlenden Talent zur Aufnahme lichtbildlicher Abbildung. Nach einer achtstündigen Fahrt kamen wir in Nong Koi an, und nach einer Nacht ging es am nächsten Tag in einer weiteren Stunde mit dem Boot in das abgelegene Dorf Muang Ngoi Kao, das nur auf dem Wasserweg zu erreichen ist. Das einzige Fischerdorf lebt heute zwar hauptsächlich von Touristen, aber es hat seinen Charme durchaus bewahrt, und endlich verfügten wir auch mal wieder über eine eigene Hängematte auf der Veranda unserer Hütte. Einer der Vorzüge von Muang Ngoi Kao besteht darin, dass Strom nur zwischen 18 und 21 Uhr verfügbar ist und daher eine gewisse Ruhe zu vermuten war. Wie die Ausdrucksweise aber wahrscheinlich schon vermuten lässt, erwies sich diese Vermutung als nicht haltbar, wie zwei über der Hauptstraße angebrachte Plakate verkündeten. An diesem  und am darauffolgenden Abend standen zwei Hochzeiten mitten auf der Hauptstraße des Dorfes auf dem Programm. Da die Trockenzeit zurzeit Hochzeitssaison ist und uns seit Kambodscha schon unzählige Hochzeiten begegneten, wussten wir, was uns erwartet. Somit waren wir auch nicht über die vielen Bootslieferungen mit mannshohen Lautsprechern erstaunt, die dank der Dieselgeneratoren autark operieren konnten. Beachtlich war dabei, dass die gesamte Ausstattung für beide Hochzeiten, Tische, Stühle, Getränke etc. mit den gleichen kleinen Booten angeliefert wurde, mit denen auch Personen befördert werden. Ein recht spannendes und für die Beteiligten sehr schweißtreibendes Unterfangen, da alle Einzelteile vom Pier eine lange Treppe zum Dorf heraufgeschleppt werden mussten. Aus der Perspektive der Hängematte recht interessant 😉 Lediglich das Wetter hätte für das perfekte Glück noch etwas besser sein können.

Das Boots"innere" mit einigen Luxussitzen, von denen wir auch noch zwei ergattern konnten.

Ein IKEA Möbeltransporter?

Ausblick von der Brücke in Nong Koi

Kampf gegen die Stromrichtung in Richtung Muang Ngoi Kao

 

Umfunktionierte Mutterbehälter von Streubomben, die zu Millionen auf die Region gefallen sind. Da ein großer Teil der eingesetzten Streubomben nicht explodierte, sind immer noch viele Gebiete vermint.

Bierlieferung

Hochzeitsvorbereitungen auf der Hauptstraße

Dieser Beitrag wurde unter 09. Laos veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten auf Eine etwas längere Geschichte von noch viel mehr