Von Peking über Pingyao nach Xi`an

Der Artikel könnte auch mit „Zwei Rezeptionsschl***** in Xi’an“ überschrieben werden, aber zum Glück hatte ich erstens den Titel schon in Pingyao gespeichert und zweitens hat sich mein Ärger bereits etwas gelegt, da wir trotz besagter Damen ein Dach über dem Kopf haben. Aber von Anfang an.

Zunächst mal ging es letzte Woche Montag mit dem Nachtzug von Peking nach Pingyao. Obwohl wir die Tickets über eine Woche vorher gekauft hatten, gab es keine Liegeplätze mehr, aber im Unterschied zu vielen unglücklichen Seelen konnten wir wenigsten Sitzplätze reservieren. An Schlafen war hier allerdings aus zweierlei Gründen nicht zu denken. Zum einen waren die Rückenlehnen ziemlich genau in einem 90 Grad Winkel zum Sitz angebracht und  die Sitze machten ihrem Namen, hard seater, alle Ehre. Zum anderen reduzierten unsere Mitreisenden lediglich zwischen 5 und 6 Uhr etwas das Geräuschniveau, das von plärrenden Taschenradios, schrebbelnder Handymusik und „lustigen“ Figuren, die dauernd die gleiche Melodie spielten, geprägt war. Über eine Hälfte der Nacht rettete mich allerdings mein Hörbuch (abgespielt auf einem in Peking neu erstandenen mp-3 Player juhu) und über die zweite Hälfte neugierige Chinesen, für die wir anscheinend eine gewisse Attraktion darstellten. Zum Glück hatte unser schönes Hostel in Pingyao schon um 7 Uhr morgens ein Zimmer frei und somit konnten wir nach unserer Ankunft zunächst einmal lange ausschlafen und dann mehrere Tage die tolle Kleinstadtatmosphäre (500.000 Einwohner 😉 genießen. Allerdings stellte unser Anblick auch in Pingyao eine gewisse Attraktion dar, wahrscheinlich für chinesische Touristen vom Lande, und somit wurden wir des öfteren gefragt, ob wir für ein Foto posieren könnten. Wie oft wir ungefragt fotografiert wurden und wie viele Kinder uns mit offenen Mündern anstarrten, können wir kaum noch abschätzen 🙂 Viele Kinder, selbst die kleinsten, die an uns vorbei liefen, begrüßten uns auch mit einem fröhlichen „Hello, how are you“, was bei den Eltern einen gewissen Stolz und oft Verwunderung hervorrief.

Nach fünf entspannten Tagen ging es dann von Pingyao mit dem Nachtzug nach Xi´an. Da in China am ersten Oktober die nationale Ferienwoche begann, waren keine regulären Tickets mehr zu bekommen, aber zum Glück konnte unser Hostel gegen einen ordentlichen Aufpreis Schwarzmarkttickets besorgen, und so durften wir sogar liegen (allerdings im dritten Stock, was, wenn man es erst mal hoch geschafft hat, ganz okay ist).

Bereits in Pingyao hatten wir ein Hostel in Xi’an reserviert, was gar nicht so einfach war, da wegen der Ferienwoche fast alles ausgebucht ist. Trotz der mehr als unzulänglichen Wegbeschreibung des Hostels schafften wir es irgendwie dorthin zu kommen und standen den im ersten Absatz erwähnten Damen gegenüber. Obwohl wir das Hostel über eine englische Buchungsplattform gebucht hatten und außen ein Schild angebracht war, das auf englisch verkündete, dass man befugt sei, ausländische Gäste zu beherbergen, sprach niemand auch nur ein Wort Englisch. Per Übersetzungscomputer wurde uns mitgeteilt, dass alles ausgebucht sei und dass das von uns gebuchte Hostel nicht dieses sei, in dem wir gerade stünden. Ich rief daraufhin  die Telefonnummer an, die auf unserer Buchungsbestätigung stand und, oh Wunder, es klingelte in der Rezeption hinter mir. Nach weiteren 20 Minuten erfolgloser Kommunikation über einen Übersetzungscomputer gaben wir schließlich auf und suchten online nach einer neuen Unterkunft. Da es allerdings keine Unterkunft gab, die drei Tage am Stück verfügbar war, durften wir jeden Tag in ein neues Hostel umziehen. Zumindest können wir jetzt behaupten, drei Hostels in Xi’an gesehen zu haben 😉 Als wir mit den Buchungen fertig waren, bat ich in der Rezeption darum, dass sie uns wenigstens ein Taxi rufen. Und was tippte die blöde Kuh in ihren Übersetzungscomputer ein? „Sorry, wir haben kein Telefon“. Aaaargh. Und was hat bitteschön gerade geklingelt, als ich euch angerufen habe, um zu beweisen, dass wir im richtigen Hostel sind? Der Funken Anstand, der mich daran gehindert hat, den Titel dieses Blogs zu ändern, hat mich wohl auch davon abgehalten, die wüsten Beschimpfungen in den Übersetzungscomputer einzugeben, die ich gerne eingegeben hätte, die aber an dieser Stelle aufgrund des Jugendschutzes sowieso nicht hätten veröffentlicht werden können.

Aufgrund dieser ersten Stunden sowie der Touristenmassen vorm Bahnhof, die schlimmer als in der Verbotenen Stadt in Peking waren, standen wir von Anfang an mit Xi´an auf Kriegsfuß und freuten uns schon auf die Weiterreise zu den Pandas in Chengdu.

Am zweiten Tag zeigte Xi´an aber auch  seine schöneren Seiten und wir verbrachten unter anderem einen halben Tag mit Street-Snacking in den verwinkelten Straßen des islamischen Viertels und besuchten die älteste Moschee Chinas. Den Abend verbrachten wir dann mit einer interessanten Konversation mit zwei zwanzigjährigen Englischstudentinnen, die wissen wollten, ob man an westlichen Universitäten wirklich Partys auf dem Campus feiern kann. Besonders interessierte sie die Frage, ob man dort wirklich immer seinen Traumtypen finde. Außerdem verrieten sie uns auch, dass sie total auf westliche Vampirfilme stünden, da die Vampire ja so süß seien. Manchmal komme ich mir wirklich etwas alt vor 😉 Als sehr wertvoll erwiesen sich allerdings die vielen Gerichte, die sie für uns in chinesischen Zeichen aufschrieben. Ist doch wesentlich besser als blind auf die Speisekarte zu zeigen.

Der Ausflug zur Terrakotta Armee, die sicherlich eine archäologische Sensation ist, war allerdings ein Erlebnis, das einer Höllenvorstellung sehr nahe kommt. Man stelle sich vor, dass die Massen, anstatt zum Oktoberfest zu strömen, eine archäologische Ausgrabungsstätte besuchen. Statt Maßkrügen gibt es lediglich kleine Terrakotta Soldaten.

Und zum Schluss noch einige Randnotizen:

F*** you Big Brother: Seit kurzem verfügen wir auch über eine vpn-Verbindung, was bedeutet, dass sich unser Computer virtuell im Land der Freiheit, genauer gesagt in San Francisco und nicht in China befindet. Das wiederum bedeutet, dass wir das Internet ohne Zensur genießen und  die ganze schmutzige Wahrheit erfahren können. In your Face Big Brother.

Modetipps: Auch wenn diese Modetipps bereits in Europa angekommen sind und wir den Trend einfach nur verschlafen haben, hier die zwei heißesten Modetrends aus China. Erstens: Brillen ohne Gläser. Schwarze Brillengestelle sind ja ziemlich in und hier haben sich ein paar schlaue Menschen überlegt, dass es ja unfair ist, wenn sich nur Brillenträger modisch zeigen können. Daher einfach die Brillengläser rausgenommen und schon ist das perfekte Modeaccessoire fertig. Ein zweiter Trend ist allerdings nur für die Paare unter euch interessant. Zwillingslook, total in. Einfach den gleichen Pulli oder das gleiche T-Shirt kaufen, und schon setzt ihr einen unübersehbaren modischen Akzent 😉 Zum Glück sind wir nicht sehr modebewusst, und daher bleibt euch ein solcher Anblick auf unseren Fotos erspart.

Straße in Pingyao. Zum Nationalfeiertag mit vielen Fahnen

Das andere Gesicht. Seitenstraße in Pingyao

Unser Hostel auf der linken Seite.

Hinterhof in unserem Hostel (Doppelzimmer für 11 EUR 🙂

Stadtmauer in Pingyao

Warten auf den Sonnenuntergang

Sonnenuntergang über Pingyao

Everybody was kung fu fighting ...

EIns von vielen Fotos, die ich hier machen durfte 😉

Auch die Taoisten haben eine schöne Hölle

Folterwerkzeug im Gefängnis, dessen Funktionsweise ich mir gar nicht vorstellen möchte.

Wildganspagode in Xi'an aus dem 8. Jahrhundert.

Muslimisches Viertel in Xi'an

Wie viele Überreste von Kühen hier wohl liegen?

Beweise, dass wir auch immer gut essen, um nicht vom Fleisch zu fallen 😉

In China gibt es nichts, was nicht auf einen Spieß gesteckt werden könnte.

Foto mit zwei Englischstudentinnen in Xi´an

Eingang zur Moschee

Ein etwas anderes Minarett

Wir entdecken immer wieder neue Kamerafunktionen.

Den letzten Kilometer zur Terrakotta Armee durften wir durch den Stau laufen.

Und wo sind die Terrakotta Soldaten? Am ersten Erdloch empfanden wir uns doch etwas veräppelt.

Ohne die Leute, die auf unseren Schultern hängen, wäre es noch schöner 🙂

 

 

 

 

 

 

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